Sage ich es? Wie sage ich es?

Immer wieder mal stehen wir vor dem Problem, dass wir eigentlich jemandem etwas (Unangenehmes) sagen müssten/möchten, aber uns nicht so richtig trauen, weil

  • wir nicht wissen, wie
  • wir die möglichen Folgen fürchten


Das sind vielleicht so Dinge wie

  • die Kollegin lässt viel Arbeit liegen, überlässt sie mir
  • der Partner redet nicht mit mir
  • die Freundin ist immer so spitzfindig / belehrend / herablassend
  • das Kind will nicht aufräumen
  • der/die Jugendliche verschanzt sich im eigenen Zimmer


Jede/r kennt sowas und ärgert sich vielleicht darüber. Oft werden die Dinge aber nicht angesprochen – und alles bleibt, wie es ist oder wird sogar schlimmer. Vor allem in uns selber, die wir das Problem haben. Vielleicht regen wir uns immer mehr auf und platzen dann plötzlich und mit großer Härte damit raus und erreichen damit womöglich das genaue Gegenteil von dem, was wir doch eigentlich wollten. Oder wir resignieren und machen gar nichts, geben auf oder gehen vielleicht in inneren Widerstand. Das kann jedoch auch in uns weiter gären und uns das Leben ein bisschen oder sehr viel schwerer machen.

Was ist es, was mich zögern oder zurückschrecken lässt?

Ich habe vielleicht Angst davor, eine Beziehung (noch mehr) zu verschlechtern oder sie gar zu verlieren. Konkret ist da vielleicht die Befürchtung, dass jemand nur noch hinter meinem Rücken über mich spricht, aber nicht mehr mit mir. Dass es schlechte Stimmung gibt, die man nicht auffangen kann oder unbedingt vermeiden will. Vielleicht befürchte ich auch, die andere/den anderen zu verletzen. Oder auch ganz etwas anderes.

Aber was steckt eigentlich genau hinter diesem Vermeidungsverhalten? Ich könnte doch einfach sagen: „So ist das. Das will ich nicht (mehr). Ändere das!“ Nein, kann ich eben nicht. Denn es tut weh, wenn man ausgeschlossen ist und das ist all diesen Folgen, die wir befürchten, gemein. Wir befürchten, die Verbindung zur/zum anderen zu verlieren.

Und dann erleben, fühlen wir Angst, Traurigkeit, bis hin zu Ohnmacht. Und das wollen wir vermeiden. Wir wollen es vermeiden, solche Gefühle zu haben. Das ist ganz normal, denn wir wollen ja immer, dass es uns gut geht. Allerdings leiden wir ja auch unter den Verhaltensweisen von anderen und haben auch dann Gefühle wie Ärger und Traurigkeit. Wir leiden unter den Dingen, die andere Menschen machen oder nicht machen, sagen oder nicht sagen.

Wenn wir uns aber damit beschäftigen, geschieht oft etwas Interessantes. Wenn jemand z.B. sagt: „Da musst du aber was gegen tun!“, dann fangen wir plötzlich an zu bagatellisieren. Wir machen das Problem klein. „Eigentlich ist das doch gar nicht so schlimm.“ Vielleicht fühlen wir das im Moment auch so – oder vermeiden wir wieder? 😊 Bis zu dem Punkt, wo wir wieder unser Leid oder unseren Ärger (ist ja auch Leid) spüren und es jemandem erzählen und der dann vielleicht sagt „Da musst du was tun!“  Da beginnt es von vorne.

Und ich sage jetzt nicht, dass man immer alles und sofort ansprechen muss. Nein, mir geht es vielmehr darum, dass wir uns gewahr werden, was in uns los ist und welche Strategien, zum Beispiel um etwas zu vermeiden, wir fahren. Und was soll das jetzt bringen? Wir lernen uns besser kennen und können besser unsere Bedürfnisse und Wünsche erkennen und immer besser für uns selber sorgen und einstehen. Und damit bekommen Verhaltensweisen von anderen immer weniger Bedeutung.

So können wir z.B. überlegen, wie wichtig die Sache ist. Ist es mir wichtig, dass eine Änderung erfolgt? Will ich etwas dafür oder dagegen tun? Wenn nicht, kann ich das Thema ja auch beiseitelegen und es akzeptieren. Nicht, dass das einfach wäre, aber es ist heilsam. Wenn ich nichts tun will, bleibt mir ja eigentlich auch nichts anderes übrig, als zu akzeptieren, oder? 😊 Aber akzeptieren will gelernt sein. Wie akzeptieren Sie? Wie machen Sie das?

Oder ich will doch etwas tun, weil es nicht (mehr) auszuhalten ist, weil ich mich immer wieder darüber ärgere. Was sage ich dann? Wie sage ich es dann?

Hilfreich kann es sein,

  • die Tatsachen konkret und nachvollziehbar aufzuführen, damit man nicht konfrontiert wird z.B. mit „Stimmt doch gar nicht.“  
  • von mir zu sprechen: „Das verletzt mich. / Das erschöpft mich. / Das ärgert mich.“

Machen wir das konkret an einem der Beispiele von oben: die Kollegin, die mir die Arbeit überlässt
Ich könnte – in einem ruhigen Moment und wenn gute Stimmung herrscht, etwas sagen wie:

„Ich möchte gern mal etwas ansprechen. Hast du einen Moment?“ -> Bereitschaft abfragen
„Jeden Tag in dieser Woche fand ich Arbeit vor, die planmäßig dir zugeordnet war.“ -> Tatsache(n) anführen
„Darüber habe ich mich (etwas, sehr, ein wenig) geärgert.“ -> Sagen, wie es mir damit geht
„Ich gebe  dir die Aufgaben zurück, will dir das aber vorher mitteilen, damit du nicht überrascht bist.“ -> Meine Aktion mitteilen
„Denn mir ist Transparenz (Klarheit, Offenheit, gerechte Arbeitsteilung etc.) wichtig.“ -> Bedürfnis mitteilen
„Bitte erledige du deine Aufgaben. Ich erledige die meinen.“ -> Bitte oder Wunsch anführen

Wie wichtig ist es, so ein Gespräch vorzubereiten? Warum? Wie hilfreich kann es sein, Konkretes anzuführen? Ist es leicht, über die eigenen Gefühle zu reden? Wie hilfreich schätzen Sie es ein, dass ich konkrete Vorschläge mache oder mitteile, was ich mir dazu – im Sinne der Selbstwirksamkeit – überlegt habe? Was kann es mir und der anderen Person bringen, mein Bedürfnis mitzuteilen? Und letzten Endes: Wie hilfreich kann es sein, mit einem Wunsch oder einer Bitte abzuschließen?

Insgesamt: Wie wirkt das für Sie, auf Sie? Kann das funktionieren? Welche Vorteile sehen Sie, welche Nachteile, welche Hindernisse?

Noch ein Beispiel: Mein Partner redet nicht mit mir.
Vorab: Wie rede ich mit ihm? Mache ich ihm (mittlerweile) Vorwürfe? Wie kommt das an?

Vorbereitung: ruhiger Moment? Gute Stimmung?
Bereitschaft abfragen: „Hast du mal einen Moment? Ich möchte dir gern in Ruhe etwas sagen.“
Tatsache aus meiner Sicht mitteilen, in ruhigem Ton: „Oft, wenn ich dich etwas frage oder etwas von dir möchte oder dir etwas mitteilen will, gibt es keine Reaktion von dir.“ (mehr ist nicht unbedingt zu sagen, weniger ist mehr)
Bedürfnis mitteilen und sagen, wie es mir damit geht: „Ich brauche ein Gegenüber, das mit mir im Austausch ist, sonst fühle ich mich so allein.“
Bitte (und hier genau überlegen, was ich denn eigentlich will): „Ich fände es schön, wenn du (nicken, auf mich eingehen, nachfragen, deine Meinung äußern) würdest.“

Wenn wir nicht erfolgreich sind in unserem Sinne, sind wir sicher enttäuscht und sagen: „Das bringt ja alles nichts.“ Das ist nachvollziehbar. Jedoch vergeben wir evtl. eine Chance – uns selber und der/dem anderen. Hier ist möglichweise Dranbleiben gefragt. Es immer wieder sagen, uns selber immer wieder vertreten, im Sinne der Selbstwirksamkeit.

Aber was, wenn die Bitte abgeschlagen wird, wenn die Leute sich nicht ändern. Nun, jeder Mensch hat Gründe für sein Verhalten. Manchmal sind sie uns noch nicht mal bewusst. Hier könnte man, wenn man mag, erforschen, was es damit auf sich hat. Sich selber und die andere Person (noch) besser kennlernen zu wollen, ist oft ein guter Weg.

Viel Freude und Erfolg beim Ausprobieren und Erforschen!

Gern kann man mit mir darüber diskutieren. Ich würde mich freuen. Eine kostenlose Coaching-Stunde zu diesem Thema (oder irgendeinem anderen) biete ich, wie immer, gern an. 😊

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